Heute ein kleiner Literaturtip für alle phänomenologisch Arbeitenden unter euch. In der FQS 18(1) ist im Januar ein Beitrag zur Kombination von Phänomenologie und QDA-Software erschienen. Dabei werden vor allem die Skeptiker dazu aufgemuntert, to „get over their methodological loyalties and join the digital world, claiming that all qualitative researchers, whatever their methodology, perform processes aided by QDAS.“ Aber lest selbst. Wir sind keine Phänomenologen und können schwer einschätzen, ob der Einsatz von QDA-Software bei phänomenologisch angelegten Arbeiten wirklich hilfreich sein kann. Interessant fanden wir den Hinweis im Abstract, dass „arguments against QDAS often identify problems more closely related to the researchers than QDAS.“ Und wer generell aus dem technikkritischen Lager kommt, der erhält sicher auch etwas Futter, denn: „But the concerns about technology of McLUHAN (2003 [1964]), HEIDEGGER (2008 [1977]), and FLUSSER (2013) cannot be ignored„. So denn, servus.
Schlagwort: MAXQDA
Teamwork und QDA-Software
Mit mehreren Forschern zusammen im Team zu arbeiten, kann man ja mittlerweile zu den Standardszenarien in der qualitativen sozialwissenschaftlichen Forschung zählen. Nach kurzem Überlegen fiel uns jedenfalls kein Einzelprojekt oder Bekannte*r ein, die oder der alleine auf seinen Daten sitzt und darüber nachgrübelt. Und selber stehen wir auch gerade vor der Aufgabe, für ein Forschungsprojekt die passende QDA-Software für den Mehrnutzereinsatz zu finden. Wir haben uns dafür intensiver mit Atlas.ti und NVivo beschäftigt. MAXQDA wurde aus praktischen Gründen nicht in Erwägung gezogen, wir wollen die Software trotzdem gern in unsere Überlegungen zur Teamwork hier mit einbeziehen, da es neben den beiden anderen zu den üblichen Verdächtigen zu zählen ist.
Teamwork?
Unser Hauptaugenmerk bei der Suche nach einer passenden Software lag vor allem auf der Unterstützung der Teamarbeit. Den Beschreibungen auf den einzelnen Webseiten zufolge, sind alle 3 Programme für die Teamarbeit geeignet. In der Praxis hat sich das allerdings nicht bestätigt und wir waren doch sehr überrascht. Leider kann man in den gängigen Versionen (Atlas.ti 7, MAXQDA 12, NVivo Pro) keine echte Teamarbeit erwarten.
NVivo
Bei NVivo heißt es z.B. – und zwar hier – dass Teamwork Support in allen Versionen gegeben ist. Allerdings mussten wir dann im Test feststellen, dass man dafür die Serverversion von NVivo braucht, NVivo for Teams. Wir haben gar nicht erst danach gefragt, was das kosten würde. Eine zweite Option ist, das gemeinsame Projekt zu kopieren und danach wieder zusammenzufügen („Merge separate projects in to one project file.“). Das geschieht dann manuell und ein Teammitglied sollte diese Aufgabe übernehmen. Hier kann man nun nicht wirklich von Teamarbeit sprechen. Außerdem ist uns aufgefallen, dass NVivo sämtliches Datenmaterial in einer Projektdatei ablegt. Das führte bei uns dazu, dass nach kurzer Zeit die Projektdatei auf über 150 MB angewachsen ist. Die Nutzung eines gemeinsamen Datenlaufwerks bzw. das Speichern in der Cloud wird damit ebenfalls, wie wir finden, unnötigerweise erschwert bzw. gänzlich unmöglich gemacht. Wir hatten zu dem Zeitpunkt bei weitem noch nicht alle Daten hinzugefügt und eine Datei von 500 MB Größe und mehr möchte man ungern nach jedem Speichern auf das Projektlaufwerk hochladen.
Atlas.ti
Atlas.ti wieder rühmt sich auf der Webseite mit „Every installation of ATLAS.ti 7 is always fully teamwork enabled.“ Das soll wahrscheinlich ein Verweis auf die NVivo Starter Version sein, in der es nicht möglich ist, Projekte zusammenzufügen. Doch nach einiger Recherche stößt man auch hier wieder auf das Ergebnis, dass Teamarbeit nicht wirklich unterstützt wird. Auf Seite 102 ff des Manuals wird zwar ausführlich erklärt, welche Szenarien der Projektarbeit man unterscheiden kann. Die Lösungen dafür sind allerdings ausschließlich in den Arbeitsprozessen des Nutzers zu finden, von Seiten der Software gibt es relativ wenig Unterstützung. Man kann verschiedene Nutzer anlegen und die Projekte zu einem ganzen zusammenfügen, die parallele Arbeit an einem Projekt ist allerdings auch hier defacto nicht möglich.
MAXQDA
MAXQDA haben wir diesbezüglich gar nicht erst getestet, was praktische Gründe hatte. Für diesen Artikel haben wir uns trotzdem angeschaut, was dazu auf den Seiten des Herstellers zu Teamwork zu finden war. Und auch hier steht geschrieben: „MAXQDA is not a multi-user program. Simultaneous use of the same project file at the same time is not possible. Various people cannot make changes to the same file at the same time.“ Somit auch hier, keine wirkliche Teamfunktionalität.
Das Fazit aus unser kleinen Recherche zu Teamarbeit ist etwas ernüchternd. Wir sind tatsächlich davon ausgegangen, dass dies heute zum Standard zu zählen wäre, gemeinsam und vor allem parallel an einem Projekt arbeiten zu können. Die Hersteller bieten zwar alle möglichen Funktionen bezüglich Abfragen, Mixed Methods und Textanalyse an – die in der Praxis wahrscheinlich eh kaum eine*r nutzen wird, die wesentliche Aufgabe der Teamarbeit wurde darüber anscheinend vergessen. Irgendwie unverständlich.
MAXQDA für Mac
Uns wurde heute von den Entwicklern von MAXQDA mitgeteilt, dass Ihre Software nun endlich auch für den Mac erhältlich ist. Wer mehr zu MAXQDA für Mac erfahren will, kann sich dazu bei MAXQDA informieren. Bestehende Windowslizenzen können bis Ende 2014 unter bestimmten Voraussetzungen in Mac-Lizenzen umgetauscht werden. Ansonsten liegt die billigste Variante, die Studentenlizenz, auch für den Mac weiterhin bei 75€ (Update: Achtung – 19% Mehrwertsteuer kommt hier noch dazu).
Und noch ein kleines Update hierzu: Anscheinend hat MAXQDA die Preisliste zu den einzelnen Lizenzen von der Webseite genommen. Wir können Sie jedenfalls nicht mehr finden. Und ja, damit würde man beispielsweise auch sehen können, dass eine Einzelplatzlizenz einen Haufen Asche kostet….
The KWALON Experiment
Ist zwar schon ne Weile her mit der Publikation, ich möchte Sie aber jenen nicht vorenthalten, die davon vielleicht noch nicht gehört haben: The KWALON Experiment: Discussions on Qualitative Data Analysis Software by Developers and Users. Forum Qualitative Social Research. 12 (1). 2011. Es wird der Einsatz der hier verschlagworteten Programme (Atlas.ti, Cassandre, MAXQDA, NVivo, Transana) erklärt, diskutiert und verglichen. Hervorzuheben ist vor allem die Gegenüberstellung der Entwickler- und Nutzerperspektiven. Und wem der eine oder andere Beitrag seltsam bekannt vorkommt, der hat vielleicht daran gedacht. Die Zeitschrift FQS sei im übrigen jedem ans Herz gelegt, der sich mit qualitativer Forschung beschäftigt.
Nicht mal mehr 4 Wochen stehen zwischen uns und der Methodenkonferenz „Qualitative Methoden in Informatik und Wirtschaftswissenschaften“ in Leipzig. Die QMIW 2013 Leipzig wurde bereits vor ein paar Monaten auf SoSciSo erwähnt, nämlich hier. Im Programm hat sich seitdem noch etwas geändert. Momentan stehen insgesamt 6 Workshops zur Auswahl:
- AQUAD
- Atlas.ti
- f4analyse
- Feldpartitur
- Grounded Theory
- MAXQDA
Es gibt für alle Workshops noch Restplätze. Wir freuen uns sehr, wenn Ihr im Freundes- und Bekanntenkreis auf die Konferenz aufmerksam machen würdet. Außerdem sind wir höchst erfreut, dass sich Frau Prof. Wohlrab-Sahr die Zeit nimmt, den ersten Vortrag im Rahmen unseres Symposiums zu halten. Das genaue Thema steht noch aus, wird aber hier noch nachgereicht. Der zweite Vortrag wird von Herrn Prof. Huber übernommen, welcher über Computerunterstützte qualitative Datenanalyse und das Thema Open Source referieren wird.
Auch die SoSciSo-Redaktion wird auf der QMIW 2013 Leipzig zahlreich vertreten sein. Wir versprechen uns ein reges Kontakteknüpfen und weitere Einblicke in das Thema Software im sozialwissenschaftlichen Forschungsprozess. Wir sehen uns in Leipzig.
QMIW 2013
Am 23. September 2013 findet in Leipzig zum ersten Mal das Methodentreffen „Qualitative Methoden in der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften“ (QMIW 2013) statt. Wer in Mathe ganz gut war und 1 + 1 zusammenzählen kann weiss, dass die Redaktion von SoSciSo da irgendwie Ihre Hände mit im Spiel hat. Die Informatik und die Wirtschaftswissenschaften zeigen noch immer recht viele Defizite auf in der Anwendung qualitativer Methoden. Die Veranstaltung widmet sich daher der Einführung, Präsentation und Diskussion von qualitativen Methoden und deren Anwendung im Themenfeld der Informatik, Wirtschaftsinformatik und den Wirtschaftswissenschaften.
Auf den Konferenzseiten hat sich den letzten Wochen einiges getan. So steht das Gros der Themen der QMIW-Workshops mittlerweile fest:
- Grounded Theory – Grundlagen und Forschungswerkstatt
- Qualitative Textanalyse und Transkription mit f4 analyse – Eine Einführung in die Arbeit mit QDA-Software
- Von der Fragestellung bis zur Publikation – Professionelle Auswertung qualitativer Daten mit der QDA-Software MAXQDA
- Qualitative Datenanalyse mit ATLAS.ti
- AQUAD – Strategien und Möglichkeiten der qualitativen Forschung entlang von Open Source Software
Die Gebühren für die Workshops halten sich im Vergleich zu anderen Veranstaltungen merklich in Grenzen, so dass auch die Teilnahme für StudentInnen und Promovierende erschwinglich sein sollte.
Auch das Symposiumsthema der QMIW steht mittlerweile auch schon fest: „Der Einfluss von Software zur qualitativen Datenanalyse auf die Ergebnisse des Forschungsprozesses„. Dazu wird es noch 1-2 einleitende Vorträge geben. Die Redner hierzu werden in Kürze bekanntgegeben. Das Symposium steht allen Interessenten frei und soll zur regen Diskussion des Themas genutzt werden.
Die QMIW 2013 ist in das Programm der SABRE 2013 eigebettet.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr Zeit und Lust habt auf einen interessanten Workshop oder auf die Diskussionen im Rahmen des Symposiums. Ansonsten, wie uns das Internet zu glauben vermag, ist Leipzig auch so immer eine Reise wert.